Adrean beim Nähen seiner Ausrüstung.

10 Tipps und meine Anfänge zu DIY und Sachen selber machen

Lange Zeit hatte ich mir von der Textil- und Modeindustrie vorschreiben lassen, was ich zu tragen habe. War mir nie als Problem aufgefallen. Irgendwann aber, als ich in einer angeregten Diskussion erfahren und zum erst mal auch wirklich realisiert habe, dass ich Stoffe selber kaufen könnte – jedes Material in jeder Farbe und mit allen möglichen Eigenschaften – Ich war sofort Feuer und Flamme. Da wurde mir klar, dass ich zukünftig selbst entscheiden wollte, was für eine Ausrüstung ich für meinen Alltag und meine Abenteuer brauchen und nutzen würde.

Ich wollte mich mit den Dingen die mich täglich umgeben, meinem Besitz, nicht mehr nur auf das limitieren, was andere Menschen und andere Designer dachten, dass ich bräuchte und was gut für mich wäre. Bei all den Millionen Produkten die es gibt, scheinbar für jeden Zweck, ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass ein Produkt dabei ist, welches wirklich genau so ist, wie ich es gemacht hätte bzw. wie ich es am idealsten bräuchte.

Zum Beispiel hatte ich eine Zeit, da haben mich meine Klamotten fast schon verrückt gemacht. Ich fühlte ich mich irgendwann regelrecht Reizüberflutet. Zu viele Nähte, zu aufwendige Schnitte und zu viele verarbeitete Teile und Materialien. Ich wollte beispielsweise keine Hosentaschen mehr. Einfacher und langsamer leben, Low-Tech.

Schuh zum Beispiel. Wie viele unterschiedliche Ressourcen stecken in nur einem paar Turnschuhe? Die Sohle allein besteht ja schon aus diversen Kunststoffen. 

Stattdessen wollte ich Sachen, die wirklich genau auf meine Bedürfnisse und Anforderungen zugeschnitten sind. Schlicht und einfach, praktisch und effizient, natürlich und robust. Für mich hat sich gezeigt, je simpler die Sachen die mich umgeben, desto mehr Freiraum bleibt mir und meinem Sein. Ausserdem lassen sich einfache Konstruktionen nicht nur einfacher herstellen, sie lassen sich auch einfacher reparieren und halten für gewöhnlich länger.

Dann kam eines zum anderen. Als erstes bestellte ich mir 2 Meter braun melierten Walkloden (wusste damals nicht, dass es viele unterschiedliche Arten von Loden gibt, wollte eigentlich einen dichten und festen) und dann fuhr ich zu meiner Mutter und ihrer Nähmaschine. Ich informierte mich bezüglich passender Schnittmuster und nahm die notwendigen Maße. Dann ließ ich mir ein paar Instruktionen geben, wie man den Faden richtig einlegt und welcher Stich für was geeignet ist, und schon ging’s los. 

Das erste Projekt, meine erste Tunika, war kaum tragbar. Vor allem für mich. Aber auch für kleinere Menschen wäre sie wohl unangenehm gewesen. Die Arme waren zu eng und zu kurz. Und irgendwie waren sie auch in einem komischen Winkel angenäht… Aber ich habe seeehr viel daraus gelernt.

Mit jedem Projekt lernte ich mehr und meine Kompetenzen wuchsen von mal zu mal. Im ersten Jahr hatte ich eine Quote von 3 zu 1. Dass bedeutet von drei Nähprojekten war nur eines so gut, dass ich voll und ganz zufrieden damit war. Der Rest wurde wieder aufgetrennt und neu versucht. Das erste mal Ärmel nähen oder der erste Schritt in einer Hose waren eine Herausforderung. Wenns nicht so wurde wie ich wollte, hieß das auftrennen und umgestalten. Grenzen stecken hier der eigene Antrieb und Kreativität. Bei den Projekten die ich vergeigte, lernte ich am Meisten. Das Schwerste ist der Anfang. 

Ich lese und höre immer mal wieder von Leuten, die meinen, sie könnten nicht nähen… Ich sehe das ziemlich anders. Zu meinen, das nicht zu können, am Besten noch, ohne es überhaupt jemals probiert zu haben, wäre ähnlich wie zu behaupten, man könne nicht kleben, tackern oder Schnürsenkel binden. Im Grunde geht es nur darum, zwei Stücke Stoff mit einem Faden und einer Nadel so zu durchstechen und zusammen zu binden, dass die beiden Stücke Stoff aneinander halten und miteinander verbunden werden. Das ist alles, Knoten rein und fertig. Erstmal kein Zickzack Stich oder so, einfach nur zusammen nähen. Wie Schnürsenkel binden, nur anders.

Seit diesen ersten Projekten hat sich viel getan. Klamotten technisch habe ich mir mittlerweile so gut wie alles selbst gefertigt. Hemd und Hose sind kein Problem, Schuhe und Socken sind noch immer knifflig, aber machbar. Inspiration für Projekte hole ich mir zumeist aus der Vergangenheit, deshalb auch Lendenschurz und Bundschuhe.

Auch meine Wahrnehmung hat sich verändert. Lange Zeit hab ich Dinge und Textilien so hingenommen wie sie waren, oder noch nichtmal beachtet. Seid ich Sachen selber herstelle, sehe ich nicht mehr nur das Ganze, sondern die wandel- und formbaren Ressourcen dahinter, die Summer seiner Teile.

Irgendwann war es nicht mehr nur Kleidung. Stück für Stück wollte ich mir immer mehr selber machen. Ein großer Schritt hin zur Selbstständigkeit, zur Unabhängigkeit, zur Freiheit. Nicht mehr an das gebunden sein, was andere denken, dass ich (als Konsument) brauche, sondern selbst die eigenen Bedürfnisse kennen und bedienen lernen. 

Die Kompetenz eigene, personalisierte Ausrüstung anfertigen zu können, so wie  man sie braucht, gibt ein gutes und stärkendes Lebensgefühl. Wertschätzung und Verbundenheit. Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Und je mehr ich lerne und schöpfe, desto mehr sehe ich, was es noch zu lernen gibt. Auf meiner Liste stand zum Beispiel lange Zeit Weben… wobei Filzen auch eine gute Alternative darstellt. Schmieden fand ich auch mal sehr interessant.

Ich hoffe dich mit diesem Schreiben zu ermutigen, die Dinge wieder mehr selbst in die Hand zu nehmen. Ich wünsche das mehr Menschen anfangen sich mit dem, dass sie umgibt und das sie täglich durchs leben bringt, auseinander zu setzen. Alltägliche Gegebenheiten hinterfragen und Bewusstsein entwickeln für das, was uns am Leben hält und das, was für uns wirklich wichtig ist.

Hier noch ein paar praktische Tipps zum Start. Um mehr über die unten angegeben Schlagwörter zu erfahren, einfach im Internet eingeben und fündig werden:

  • Nach „Meterware“ oder „Stoff am Stück“ suchen um Stoffe zu finden 
  • Die Abkürzung „lfm“ steht für „Laufender Meter“ (= ein Meter von der Stoffrolle in angegebener Breite)
  • „Schnittmuster“ erleichtern einem das Leben. Vor allem einfache, mit möglichst wenigen Teilen und Nähten.
  • Manchmal kann man einfach den Umriss eines schon vorhanden Kleidungsstücks nutzen. Klappt gut bei z.B. Hosen, wenn richtig gemacht.
  • „Zwickel“ und Keile sind gut um mehr Raum zu geben, z.B. unter den Armen in der Achsel Gegend oder im Schritt 
  • „Abnäher“ sind gut um Raum zu nehmen und Stellen enger zu Gestalten, z.B. am unteren Rücken oder in der Taillenregion 
  • Eine Nähmaschine ist optional, Nadel und Faden tun es auch – ist einfacher, dauert aber länger
  • Lieber zu groß, als zu klein. Kleiner bzw. enger nähen ist meistens deutlich leichter, als größer nähen und einen zu großen Pulli kannst du tragen, einen zu kleinen nicht.
  • Nahtzugabe nicht vergessen (1-2cm)!
  • Wenn etwas mißglückt: Naht vorsichtig mit Schere oder „Nahtauftrenner“ auftrennen und neu probieren.

Das Schwerste ist der Angang zum Anfang. Keine Raketenwissenschaft!

Viel Glück und Spass mit den eigenen Schöpfungen und Kreationen.